Olivenöl in Istrien

Alte Olivenbäume bei Bale im Süden von Istrien

Istrien im Oktober 2015 – Olivenöl und Istrien haben eine lange – sehr lange – gemeinsame Geschichte die bis in die Antike zurückreicht. Die moderne Produktion hingegen geht auf ein Projekt der „Food and Agricultural Organization“ der UNO (FAO) aus den 1970er Jahren zurück. Damals hat die FAO im gesamten Mittelmeerraum den Anbau von Oliven gefördert. Das Projekt wurde zu einem der erfolgreichsten Projekte, die von großen internationalen Organisationen jemals durchgeführt wurden. Die Ergebnisse sind heute vor allem im östlichen und südlichem Mittelmeerraum sichtbar. Im damaligen Jugoslawien wurde entschieden im Rahmen dieses Projektes eine große Olivenplantage auf der Halbinsel Istrien anzulegen. Die Anlage wurde auf einem Gebiet zwischen dem Kap Soline im Norden und dem Kap Šilok im Süden sowie zwischen der Ortschaft Červar (Cervera, ital.) im Osten und der Adria im Westen eingerichtet. Auf diesem Gelände wurden zunächst ca. 30.000 Bäumen gepflanzt. Aktuell sind dort, durch engere Bepflanzung, etwa 57.000 Bäume angepflanzt.

Olivenplantage Červar

Dieses Gebiet scheint nicht zufällig ausgewählt worden zu sein, denn schon in der Antike hat sich gerade dort eine der größten Olivenplantagen des Römischen Reiches befunden. Mehrere archäologische Ausgrabungen auf beiden Seiten der Bucht von Červar, die in den späten 1970er Jahren und in den folgenden Jahrzehnten durchgeführt wurden, haben diese Annahme bestätigt. Auf der Südseite der Bucht befand sich eine Anlage zur Herstellung von Olivenöl samt einer Villa, während auf der Nordseite eine Manufaktur für die Herstellung von Amphoren unter der Bezeichnung “Loron” angesiedelt war. Die Amphoren aus dieser Produktionsstätte, die dem Export des dort hergestellten Öls dienten, wurden im gesamten Reich gefunden, aber vorwiegend im heutigen Norditalien, Rom sowie Alpenraum bis Süddeutschland und dem gesamten Balkanraum – den damaligen Zentralgebieten des Reiches. Da die Amphoren mit Stempeln gekennzeichnet waren, ist eine Nachverfolgung bis heute unproblematisch. Die Ausgrabungskampagnen sind immer noch nicht abgeschlossen, dafür stehen aber beide Ausgrabungsstätten dem interessiertem Publikum zur (kostenlosen) Besichtigung offen.

Ausgrabungsstätte „Lorun“

Als die moderne Plantage in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre angelegt wurde, war sie zunächst Teil des sozialistischen Großunternehmens “Plava Laguna” aus Poreč. “Plava Laguna” war neben seinem Hauptbetätigungsfeld Tourismus mit seiner Tochter “Agrolaguna” auch in der Landwirtschaft tätig. Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens – und des Sozialismus – wurde “Agrolaguna” Teil eines großen kroatischen Handelsunternehmens. Die Produktion und der Handelsname sind erhalten geblieben. “Agrolaguna” ist bis heute mit großem Abstand der größte Olivenölhersteller in Kroatien. Das istrische Olivenöl von der Plantage Červar wird unter dem Handelsnamen “Ol Istria“ vertrieben.

Nach Maßgabe des FAO-Projektes sollte die Ölproduktion qualitativ hochwertig sein. “Agrolaguna” hat sich an diese Vorgaben gehalten und schuf damit eine hohe Messlatte für die in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre anlaufende Konkurrenz aus der Region. Die einzige Chance für kleinere Konkurrenten aus der Region war ein höherwertiges Produkt herzustellen, was auch einen höheren Verkaufspreis als den von Agrolagune rechtfertigen konnte, denn Agrolaguna hat auch in dieser Hinsicht die Messlatte hoch gesetzt. Das Kilo Abfüllgewicht reines Olivenöls kostete bereits Anfang der 1990er Jahre mehr als DM 10,00.

Mittlerweile hat sich in Istrien eine bunte und anerkannte Gruppe von kleineren Produzenten entwickelt. Die größten unter ihnen verfügen selten über mehr als 4.000 Bäume. Die kleineren haben auf ihren Feldern meist um 1.000 Bäume. Die größeren Produzenten nutzen für ihre Produktion moderne Produktionsmittel, wie mechanische Erntehelfer und Fässer aus Edelstahl mit Edelgaszufuhr, um den Kontakt zwischen Öl und Sauerstoff zu unterbinden. Kleinere Produzenten müssen hingegen ihr Öl zügig in Flaschen abfüllen um den Kontakt mit Sauerstoff auf ein Minimum zu reduzieren – sie können sich teuere Edelgaszufuhranlagen nicht leisten. Dafür kann man aber sicher sein, dass kleinere Produzenten ausschließlich per Hand pflücken. Allen ist jedoch  gemeinsam, dass die Oliven noch am Erntetag gepresst werden. Istrien und der Garda See sind die nördlichsten Lagen für den Olivenanbau in Europa. Die Oliven werden dort gepflückt sobald die ersten Anzeichen der Reife sichtbar werden und müssen noch am selben Tag gepresst werden. Schon eine Verzögerung von einem Tag würde sich auf den Geschmack fatal auswirken. Das Öl wird in Edelstahlfässern gelagert und in den folgenden zwei bis drei Monaten mehrfach dekantiert, um es vom Satz zu trennen und klar werden zu lassen. In den Verkauf kommt es im Frühjahr des darauf folgenden Jahres.

Der wesentliche Qualitätsunterschied zwischen den Produzenten liegt in der Lagerqualität (vor allem im Bezug auf den Luftkontakt des Öls), der Anzahl der Olivensorten und derer Qualität (besonders wichtig für die Courage/Verschneidung) sowie der Lage der Olivenhaine (was ausschlaggebend für mehr oder weniger Sonne und Regen ist).

Bekämpfung der Schädlinge ist ein großes Thema und wird aus der Sicht der Konsumenten meist zugunsten der kleineren Produzenten entschieden, weil ihnen einfach die Mittel für eine extensivere Schädlingsbekämpfung fehlt. Sie reduzieren ihre Maßnahmen auf das Aufhängen von Insektenfallen auf die Äste der Bäume. Schädlinge reduzieren empfindlich die Ernte. In manchen Jahren können sie die Ernte von bestimmten Olivensorten vollständig ruinieren. Größere Produzenten bekämpfen Schädlinge ebenfalls mit Insektenfallen oder anderen Mitteln nach ökologischen Maßgaben, wenn Sie einen Öko-Siegel tragen. Aber auch andere Hersteller versuchen auf chemische Mittel soweit wie möglich zu verzichten. Sie halten sich an die Vorgaben des kroatischen Landwirtschaftsministeriums.

Olivenpresse Grubić

gustūs kooperiert aus den oben genannten Gründen entweder mit kleineren Produzenten oder mit Produzenten, die über einen Öko-Gütesiegel verfügen, bzw. diesen beantragt haben.

 

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